Die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea)
Wildbiene des Jahres 2024
von Annette Schulte
Mit der Blauschwarzen Holzbiene (Xylocopa violacea) wurde eine Art zur Wildbiene des Jahres 2024 gewählt, die durch ihre Größe und Färbung sehr auffällig und damit leicht kenntlich ist.
Die Weibchen stellen mit bis zu drei Zentimeter Körperlänge eine der größten bei uns zu beobachtenden Wildbienen dar. Nur die Königinnen einiger Hummelarten erreichen ähnliche Körpermaße. Die Weibchen der Blauschwarzen Holzbiene sind jedoch komplett schwarz bis blauschwarz gefärbt und weisen dazu stark bläulich verdunkelte Flügel auf. Die Männchen der Holzbiene sind etwas kleiner und manchmal auch etwas heller gefärbt. Auch wenn ihre imposante Größe und ihr tiefes, lautes Brummen Respekt einflößen kann, so sind die Tiere doch harmlos und sehr friedfertig.
Der wissenschaftliche Name bezieht sich zum einen auf die Färbung der Tiere: "violacea" ist lateinisch für "violett" und auf ihre Nistweise: "Xylocopa" ist aus dem Griechischen abgeleitet: "xylokópos" bezeichnet einen Holzfäller. Zwar fällt die Holzbiene keine Bäume, aber die Weibchen nagen ihre Brutzellen in abgestorbenes, relativ groß dimensioniertes Holz. Dies können Totholzstämme, aber z. B. auch Zaunpfähle sein. Das Holz sollte dazu zwar schon etwas mürbe, aber noch nicht morsch sein und damit noch eine gewisse Härte aufweisen. Die beliebten "Bienenhotels" sind für diese Art ungeeignet. Um der Blauschwarzen Holzbiene ein geeignetes Nistplatzangebot zu bieten, muss vor allem stehendes Totholz lange in der Landschaft belassen werden. Zudem ist ein sonnenbegünstigter Standort notwendig, um dem hohen Wärmeanspruch während der Larvenentwicklung gerecht zu werden.
Im Frühjahr bis Frühsommer bauen die Weibchen die linienförmigen Nestanlagen. Den Pollen für die Verproviantierung der in Reihe hintereinander angeordneten Brutzellen wird bevorzugt an Schmetterlings- und Lippenblütlern gesammelt. Gerne werden dazu Salbei oder großblütige Platterbsen aufgesucht, auch an Blauregen ist sie anzutreffen. Insgesamt ist die Blauschwarze Holzbiene aber nicht sehr spezialisiert. Gerade zur Nektarversorgung werden auch zahlreiche weitere Pflanzenarten genutzt.
Die Entwicklung der Larven, die von dem eingetragenen Vorrat aus Pollen und Nektar leben, vollzieht sich in etwa zwei Monaten. Die erwachsenen Tiere schlüpfen im Spätsommer und sind noch bis in den weit in den September hinein bei Blütenbesuch zu beobachten. Dann überwintern sie in oberirdischen Hohlräumen oder auch im Boden. Erst wenn sie im folgenden Frühjahr wieder zum Vorschein kommen, erfolgt die Paarung und die begatteten Weibchen beginnen etwa ab Ende April mit der Nestanlage. Daher kann man Exemplare der Blauschwarzen Holzbiene fast durchgängig im gesamten Sommerhalbjahr beobachten: Von April bis Juni/Juli in der Phase der Fortpflanzung, von Juli bis September dann die Tiere der neuen Generation, die überwintern. Dieser Entwicklungszyklus ist für solitäre Wildbienen, die also keine Staaten bilden wie z. B. die Hummeln, eine sehr ungewöhnliche Fortpflanzungsbiologie. Voraussetzung für Vorkommen der Holzbiene ist daher auch, dass durchgehend vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ein großes, vielfältiges Blütenangebot in ihrem Lebensraum existiert.
Die Blauschwarze Holzbiene bewohnt vor allem wärmebetonte Biotope im Offenland, aber auch Siedlungsbereiche. Mit einem ausreichenden Blütenangebot und besonntem, stehenden Totholz kann man der Blauschwarzen Holzbiene auch im eigenen Garten einen geeigneten Lebensraum bieten.
Die Blauschwarze Holzbiene ist ein deutlicher Gewinner der Klimaerwärmung. Ihre Verbreitung reichte ursprünglich von Nordafrika über das Mittelmeergebiet bis ins südliche Mitteleuropa. In Deutschland war die Art bis vor ca. 20 Jahren nur in den südlichen Bundesländern anzutreffen. Mittlerweile hat sie sich Richtung Norden bis nach Dänemark ausgebreitet. In Nordrhein-Westfalen liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Blauschwarzen Holzbiene bisher noch im besonders wärmebegünstigten Köln-Bonner-Raum. Zerstreute Nachweise liegen aber auch von allen anderen Naturräumen vor. Aus Witten sind uns bisher nur wenige Einzelbeobachtungen bekannt geworden. Es ist aber damit zu rechnen, dass sie in Zukunft bei uns häufiger zu sehen sein wird.