Das Ampfer-Grünwidderchen (Adscita statices)
Schmetterling des Jahres 2023
von Annette Schulte
Die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. haben das Ampfer-Grünwidderchen (Adscita statices) zum Schmetterling des Jahres 2023 gekürt, eine Art, die auch in Witten und Umgebung – allerdings sehr selten – auftritt.
Widderchen sind eine Familie von auffallend gefärbten tagaktiven Nachtfaltern. Der Name leitet sich von der Fühlerform der Männchen her, die an das Gehörn von Widdern erinnern. Beim Ampfer-Grünwidderchen sind sie darüber hinaus noch stark gefiedert. Die Fühler der Weibchen sind dagegen fadenförmig.
Bei den Grünwidderchen sind die Vorderflügel, Kopf, Leib und Beine sowie Fühler metallisch grünlich bis bläulich-türkis gefärbt. Lediglich die Hinterflügel, die man beim sitzenden Tier normalerweise nicht sieht, sind grau. Die Flügelspannweite liegt bei 25 – 30 mm. Es gibt in Deutschland acht Grünwidderchen-Arten, die sich in der Regel anhand von Fotos nicht sicher unterscheiden lassen. Zur eindeutigen Bestimmung ist das Abtöten und Präparieren von Tieren nicht zu vermeiden. Man kann aber im Gelände die in Frage kommenden Arten anhand der Flugzeit, des Lebensraumes und ihrer bekannten Verbreitung eingrenzen. So sind aus Nordrhein-Westfalen lediglich vier Arten bekannt; zwei davon sind extrem selten und auf Heiden bzw. Kalk-Magerrasen als Lebensraum spezialisiert, eine Art gilt mittlerweile schon als ausgestorben. Das Ampfer-Grünwidderchen ist dagegen die am weitesten verbreitete und in ganz Deutschland vertretene Grünwidderchen-Art, dennoch ist auch sie mittlerweile nur noch selten zu beobachten.
Als Lebensraum benötigt das Ampfer-Grünwidderchen artenreiches, mageres bis mäßig nährstoffreiches Grünland auf feuchten oder auch trockenen Standorten. Nur dort finden die Falter ihre bevorzugten lila-blauen Blütenpflanzen wie Kuckucks-Lichtnelke, Disteln und Flockenblumen, an denen sie Nektar saugen. Die Raupen fressen ausschließlich an sauren Ampferarten, also am Kleinen Sauerampfer (Rumex acetosella) oder am Wiesen-Sauerampfer (Rumex acetosa). Die Raupen schlüpfen noch im Sommer und fressen am Sauerampfer. Sie überwintern dann in kleinen Gruppen am Boden in einem lockeren Gespinst. Im Frühjahr fressen sie nochmals bis zur Verpuppung weiter. Die Falter schlüpfen dann im Laufe des Mai.
Artenreiche Wiesen, die sowohl den Faltern als auch den Raupen ausreichend Nahrung bieten sind sehr selten geworden. Sie sind schon lange der allgemeinen Grünlandintensivierung mit hohem Düngereinsatz und Vielschnitt-Silagenutzung zum Opfer gefallen. Wo eine Intensivierung der Nutzung nicht möglich ist, wird die Mahd häufig durch eine – zumeist intensive - Pferdebeweidung ersetzt oder die Flächen fallen brach und verbuschen schließlich.
So gilt das Ampfer-Grünwidderchen in Nordrhein-Westfalen als gefährdet, deutschlandweit steht es auf der Vorwarnliste der Roten Listen.
Eines der der NaWit bekannten Vorkommen des Ampfer-Grünwidderchens in Witten und Umgebung existiert auf einer Wiese im NSG Elbschebachtal, die seit vielen Jahren von der NaWit nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten gepflegt wird. Die Falter kann man dort von etwa Ende Mai bis in den Juli hinein beim Blütenbesuch vor allem auf Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) beobachten. Dabei kommt der Art zugute, dass diese Wiese nur einmal im Jahr, und zwar erst im Spätsommer/Herbst gemäht wird. Dann haben die Larven ihre Zeit der Sommerentwicklung schon weitgehend abgeschlossen und halten sich dicht am Boden auf, wo sie auch überwintern.
Eine landwirtschaftliche Nutzung des Grünlandes wurde in diesem Bereich des NSG schon vor vielen Jahren aufgrund der mit Trecker und größerem Mahdgerät nicht erreichbaren, abgelegenen Lage und der schwierigen Bearbeitung in Hanglage aufgegeben. Ohne die von der NaWit durchgeführte regelmäßige Mahd per Freischneider und Balkenmäher wäre die Wiese längst schon von Adlerfarn und Gehölzen überwuchert und das Vorkommen des Ampfer-Grünwidderchens sowie das vieler weiterer seltener und gefährdeter Arten dort verschwunden.
Hier finden Sie eine Liste der Tagfalter und Widderchen in Witten und Umgebung
Die Rechte an der Nutzung dieser Artenliste liegen bei der NaWit!