Naturschutzgruppe Witten - Biologische Station e.V.      
Naturschutz im mittleren Ruhrtal

Hornissen (Vespa crabro) - räuberische Staatsdiener


Die Hornisse ist mit 3,5 cm Körperlänge (Königin) unsere größte Wespenart. Aber nicht allein ihre Größe, vor allem die unausrottbaren Vorurteile über ihre Gefährlichkeit und Angriffslust lassen viele Menschen beim Anblick von Hornissen in Panik ausbrechen und sofort nach Bekämpfung und Vernichtung rufen. Das Ansinnen, ein Hornissenvolk im Wohngebiet zu dulden oder gar im eigenen Garten anzusiedeln zu wollen, erscheint vielen daher höchst gefährlich oder verantwortungslos. Dabei ist ein friedliches Zusammenleben zumeist problemlos möglich: 

Hornissen verhalten sich ruhiger und berechenbarer als Honigbienen an ihrem Bienenstock. Der Stich einer Hornisse ist sogar in Wirklichkeit etwa um den Faktor 15 ungefährlicher als der einer Honigbiene. Seit den 60er Jahren sind in Deutschland nur zwei Todesfälle durch Hornissenstiche bekannt geworden - verursacht jeweils durch eine spezielle Hornissengift-Allergie! Hornissen verteidigen sich nur, wenn sie bzw. ihr Nest unmittelbar angegriffen werden. Außerhalb des engeren Nestbereiches versuchen sie einer Bedrohung möglichst durch Flucht auszuweichen. 

Sie fliegen auch nicht auf den Pflaumenkuchen oder an die Limonadenflasche so wie ihre kleineren Verwandten, die Deutsche und die Gemeine Wespe, die damit im Spätsommer schon gelegentlich lästig werden können. Nähert man sich einem Nest mit ruhigen, behutsamen Bewegungen - wie es grundsätzlich bei der Beobachtung scheuer Wildtiere geboten ist - ohne Erschütterung des Nestes und ohne den unmittelbaren Einflugbereich zu verstellen, so sind interessante Beobachtungen vom Sozialleben des Hornissenvolkes auch aus nächster Nähe möglich.  

Hornissen gehören - wie z. B. Ameisen, Termiten oder die Honigbiene - zu den staatenbildenden Insekten. Im Gegensatz zu den anderen genannten Arten(-gruppen) lebt ein Hornissenvolk jedoch nur einen Sommer lang. Den Winter überleben nur junge, begattete Weibchen, die sogenannten Königinnen. Ende Mai beginnt die Königin mit der "Staatsgründung". Von Natur aus bauen Hornissen ihr Nest in großen Höhlen gut besonnter Bäume. Da solche Quartiere aber bei uns kaum noch zur Verfügung stehen, werden auch andere oberirdische Hohlräume wie größere Nistkästen, aber auch Dachböden oder Scheunen genutzt. Das Baumaterial des Nestes besteht aus zernagten Fasern morschen Holzes, die mit Speichelsekret zu einer papierartigen Masse verarbeitet werden. 

Zunächst ist die Königin mit Nestbau und Versorgung der Brut auf sich allein gestellt. Sobald jedoch die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sind, übernehmen diese die verschiedenen Aufgaben im Staat, wie z. B. Wabenbau, Nestbewachung, Temperaturregulation, Brutpflege und Beutejagd. Die Königin ist nur noch mit der Eiablage beschäftigt. Die Larven werden ausschließlich mit tierischer Kost, überwiegend Fliegen, Mücken, Bienen etc., gefüttert. Ein Staat kann bei günstigen Witterungsbedingungen bei uns im Laufe des Sommers auf 300-500 Arbeiterinnen anwachsen. Das Nest, das ständig erweitert und verlängert wird, kann dann Ausmaße von einem halben Meter Länge und bis zu 30 cm Durchmesser erreichen.

Um den hohen Nahrungsbedarf des Volkes zu decken, haben Hornissen-Arbeiterinnen im Sommer einen "22-Stunden-Tag"; d. h. sie fliegen auch bei fast völliger Dunkelheit noch auf die Jagd. Erbeutete Insekten werden mit einem Stich getötet, die Gliedmaßen werden abgebissen und die Flugmuskulatur wird zu einem Fleischklumpen zerkaut, der dann verfüttert wird. Die Larven ihrerseits sondern zuckerhaltige Sekrettropfen ab, die von den Arbeiterinnen als Nahrung aufgenommen werden. Im Laufe des August schlüpfen Männchen und neue Königinnen, die sich außerhalb des Nestes paaren. Die alte Königin stirbt und das Volk löst sich zunehmend auf, da keine Arbeiterinnen mehr nachwachsen. Bis auf die neuen, begatteten Königinnen sterben alle Hornissen spätestens im Herbst ab. Das alte Nest zerfällt und wird auch im nächsten Jahr nicht wieder neu belegt.

Bis vor wenigen Jahren waren Hornissen bei uns aufgrund der intensiven Verfolgung  und Vernichtung der Völker sehr selten geworden. Seit 1987 steht die Hornisse unter dem besonderen Schutz der "Bundesartenschutzverordnung". Demnach ist eine Verfolgung der Tiere bzw. die Zerstörung ihrer Niststätten gemäß Bundesnaturschutzgesetz (§ 20f BnatSchG) verboten. Ausnahmen müssen im Einzelfall von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt werden.

Aufgrund nachlassender Verfolgung und dank einiger warmer Sommer, die eine gute Entwicklung der Völker ermöglichten, sind Hornissen mittlerweile wieder regelmäßig zu beobachten. Durch Verwendung spezieller Nistkästen kann darüber hinaus ihre Ansiedlung gefördert werden. Das Anbringen der Hornissen-Nistkästen bietet zudem den Vorteil, sich dafür gezielt Stellen aussuchen zu können, wo die Beobachtung dieser interessanten Insektenart ohne Probleme möglich ist.
Weitere Infos und Fotos gibt es unter www.hornissenschutz.de.